UrStul

Ehemals hochwürdiges Privileg, Ausdruck von Macht und Erhabenheit, nimmt Sitzen (auf Stühlen), als ruhende Tätigkeit, heute eine eher unterbewertete Rolle ein. Außer aus ergonomischen und gestalterischen Gründen, wird dem Sitzen und dem eigens für diesen Zweck entworfenem Sitzobjekt, dem Stuhl, wenig Beachtung geschenkt. Er dient vielmehr als Katalysator für nachgelagerte Tätigkeiten und wird als zivilisatorische Errungenschaft wie selbstverständlich hingenommen.

Zunächst ist der Stuhl mit einer simplen LED bestückt, die in einer einstellbaren Frequenz aufblinkt. Er macht auf sich aufmerksam und weckt, gerade im Verbund mit den anderen Versionen des HERMANS, eine Erwartung, die er gezielt enttäuscht. Er beschränkt sich primär auf seine Funktion als Sitzobjekt, verleiht jedoch der ihm gewidmeten Tätigkeit des Auf-Ihm-Sitzens einen besonderen Stellenwert.

Befindet man sich selbst nun in Ruhe, lassen sich Bewegungen am besten beobachten. Die Geschwindigkeit eines Objekts wird mit einer Stoppuhr gemessen. Läuft jemand los, starten wir, kommt er im Ziel an, lesen wir die Zeit ab. Vielleicht war er schnell, wir springen auf, jubeln, verlassen unseren Posten.

Im vorliegenden Fall wird jedoch nicht der Zeitabschnitt gemessen, indem ich mich schnell oder überhaupt bewege. Es wird ab dem Zeitpunkt gemessen, an dem ich zur Ruhe komme. Die LED hört auf zu blinken, der Impuls wird umgeleitet an einen unter der Sitzfläche befindlichen Zähler. Gemessen wird nicht die Geschwindigkeit des Läufers, sondern des Beobachters.
Die erfasste Zeit können wir nur ablesen, wenn wir nicht mehr mit Sitzen/ Ruhe beschäftigt sind. Wir müssen uns wieder bewegen. Und fallen vor ihm auf die Knie.

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